Lydias „ungehaltene Bundestagsrede“

Noch rechtzeitig vor dem Wahlsonntag kam heute eine „ungehaltene“ Bundestagsrede meiner Freundin Lydia (87 Jahre alt) bei mir an. Ich fand die Rede so amüsant, dass ich sie gerne in meinen Blog aufnehme. Meine Freundin, deren Reden im Bergischen Land nicht all zu viele Zuhörer finden, hat nichts dagegen:

 

Meine Damen und Herren des Bundestages!

Eine große Zahl von
sogenannten „Best-Agern“ forderte mich auf: „Halten Sie eine Rede im deutschen Bundestag und tragen Sie dabei die Anliegen Ihrer Altersgenossen vor“. So konzipierte ich im Rahmen eines Programmes für geistige Fitness die dringendsten Wünsche der Silver-Best-Ager. Endlich, riefen meine Altersgenossen. „Gib‘s ihnen! Du weißt ja, wo‘s uns drückt!“ Da konnte ich mal richtig loslegen! Bekanntlich gibt es nichts, was man nicht verbessern könnte.

Fangen wir im Paradies an. Wahrhaftig! Schon bei der Schöpfung hakte es, als der Herr in bester Absicht Adam den linken Mittelfinger extra stark machte! Dessen drastischer Gebrauch durch den Fußballstar Ef pflanzte sich neulich leider in der Politik fort. Mehr als unhöflich! Dazu lesen wir bei Goethe: „Mit etwas Höflichkeit wäre der Menschheit schon geholfen, denn das Ende der Höflichkeit ist der Anfang der Barbarai!“ – Wohl wahr! Runter mit dem Finger!

Und überhaupt: Beschämt erleben wir den Triumph der Unhöflichkeit bei öffentlichen Debatten Ihres Hohen Hauses, wenn es darum geht, den Splitter im Auge der Konkurrenten zu finden! Pfui! Mit Ihrem Gezänk geben Sie ein schlechtes Beispiel für die Jugend. Besser würden Sie für deren kostenlose Ausbildung streiten! Gerne hören wir Berichte über Ihre Erfolge – doch wir freuen uns besonders, wenn Sie auch einmal die Verdienste Anderer zu würdigen wissen!

Es gibt genug Übles auf der Erde; Krankheiten und Hungersnot! Tun Sie etwas dagegen. Ächten Sie den Krieg! Benutzen Sie all Ihre Kräfte, um Frieden zu stiften in Ihrem eigenen Hause und in der Welt. Bei dieser hohen Aufgabe benötigen Sie wohl nicht die Hilfe von Lobbyisten, die in Vorzeiten schon schmählich aus dem Tempel gejagt wurden! Seien Sie nicht käuflich! Und lassen Sie die Finger aus den Sparstrümpfen der Silver-Ager! Die brachten große Opfer für den Wiederaufbau Deutschlands und die Ausbildung der nächsten Generation. Auch im Alter geben sie noch gerne etwas für einen guten Zweck. Aber sie sollten kein Fressen für Heuschrecken sein!

Gestatten Sie mir eine Warnung gegen Nichtstun: Sehen Sie auf das Bild  der klugen Eule:

Eule, gez.v. M.A.,Ausschn.

 

Ihr Wahlspruch war:

Nichts sehen! Nichts hören! Nichts reden!

Bei diesem Rückzug in das eigene Ego fanden sie nur eine Wüste.

Meine Damen und Herren!

Wir wollen uns in Liebe nicht vor dem Kummer der Welt verschließen! Darum sei unser Motto für 2014:

Paulus, 1. Korinther 13:

„Nun aber bleibet Glaube, Hoffnung, Liebe,

diese drei;

aber die Liebe ist die Größte unter ihnen“.

Ich wünsche Ihnen Glück und Segen und

ein gutes Jahr 2014

Lydia Grabenkamp

 

 

Zeichnung mit freundlicher erlaubnis von M.A., Kaiserslautern

 

…ein Gedicht zur rechten Zeit?

Ich habe meinen Blog lange Zeit sehr vernachlässigt, weil andere Dinge wichtiger und dringender waren. Unter anderem habe ich versucht, Ordnung in meine Bücherschränke zu bringen und vor allem Platz zu schaffen für neue Bücher. Das ist gar nicht so einfach, denn Bücherschränke sind ja nicht dehnbar. Die Anschaffung eines E-Readers hat ja schon viel verändert. Ich genieße es sehr, mir in kürzester Zeit, an Sonn- und Werktagen, bei Tag und bei Nacht, Ebooks nach Lust und Laune zu bestellen und innerhalb von Minuten auf meinem Lesegerät zu haben. Ich habe auf diese Weise sicher schon sehr viel Platz gespart. Aber die Bücher, die schon da sind, die kann ich nur sehr schwer weggeben, obwohl ich schon bei bookcrossing.de mitmache, unseren neuerdings aufgestellten öffentlichen Bücherschrank ab und zu „füttere“, das eine oder andere Buch einfach da und dort liegen lasse, in der Hoffnung, dass es Abnehmer findet.

Das Schöne beim Stöbern und Aufräumen und Sortieren von Büchern ist, dass man natürlich an dem einen oder anderen Buch hängenbleibt, es mit Freude wieder einmal liest oder zumindest das eine oder andere Kapitel wiederentdeckt, das einem früher schon Freude gemacht oder eine Erkenntnis gebracht hat. Man vergeudet viel Zeit bei solchen Aufräumarbeiten, sagen manche Leute. Ob es wirklich vergeudete Zeit ist, ist natürlich die Frage.

Heute fiel mir ein vergilbtes und offensichtlich viel gelesenes Taschenbuch in die Hände aus dem Verlag Zweitausendeins: Gedichte gegen den Krieg. Warum es mich gerade heute angesprochen und berührt hat, genau wie früher auch schon?

Man muss nur die Nachrichten der Tagesschau sehen oder Radio hören, dann wird einem die Aktualität des Gedichtes von Bertold Brecht bewusst, das den Titel hat:

An meine Landsleute (von Bertold Brecht)

I.

Ihr, die ihr überlebtet in gestorbenen Städten

Habt doch nun endlich mit euch selbst Erbarmen!

Zieht nun in neue Kriege nicht, ihr Armen

Als ob die alten nicht gelanget hätten;

Ich bitt euch, habet mit euch selbst Erbarmen!

III.

Ihr Kinder, dass sie euch mit Krieg verschonen

Müsst ihr um Einsicht eure Eltern bitten.

Sagt laut, ihr wollt nicht in Ruinen wohnen

und nicht das leiden, was sie selber litten:

Ihr Kinder, dass sie euch mit Krieg verschonen!

Wen sprechen diese Zeilen nicht an in diesen Tagen, in denen immer noch und wieder an so vielen Orten Krieg herrscht oder vorbereitet wird? Wie ist es möglich nach allem, was man über die Folgen weiß?