Allerheiligen, Allerseelen

 

 

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Ob man will oder nicht, man wird in diesen Tagen mit den „letzten Dingen“ konfrontiert. Ein im Kalender verankerter Gedenk- und Trauertag nach dem anderen lässt uns einen Moment innehalten. Viele wissen nicht mehr, wie es zu diesen staatlich oder kirchlich verordneten Gedenktagen gekommen ist. Wie dem auch sei, die  Gedenktage Volkstrauertag und Allerheiligen  sind Jahr für Jahr Anlass, um über die „richtige“ Art des Trauerns zu diskutieren. Die Traditionsbewussten schmücken die Gräber

Traditionelles Familiengrab

Traditionelles Familiengrab

mit Blumen und Lichtern; sie brauchen einen festen Ort für die Zwiesprache mit ihren Verstorbenen. Andere tragen das Andenken an ihre Lieben im Herzen, belächeln das Treiben auf den Friedhöfen und bleiben ihnen fern. Wieder andere stehen ratlos vor Urnen-Sammelgräbern und können nur ahnen, wo sich die Urne mit den Überresten ihres Angehörigen befindet. Wenn es sich um eine Seebestattung handelte, ist ein Gedenktag eher ein Tag der Erinnerung an das nicht so alltägliche Erlebnis, die Asche eines Lieben dem Meer und den Wellen zu übergeben. Das Gedächtnis ersetzt den festen Ort. In nicht allzu ferner Zukunft werden einige wenige ihren Blick zum Weltraum erheben müssen, wohin sich ihre zahlungskräftigen Verstorbenen verbringen ließen. Diese Blickrichtung war früher die vertraute, wenn auch aus anderen Gründen. Gut finde ich, dass nun auch totgeborene Kinder oder Kinder, die unmittelbar nach der Geburt keine Lebenschance hatten, einen Platz auf vielen Friedhöfen

gefunden haben. „Sternenfeld“ und ähnlich heißen diese Gemeinschaftsgräber. In kindlicher Weise können Geschwister hier kleine Zeichen der Erinnerung hinterlassen, oft in Form von Schmetterlingen oder Sternen, die an einer Stele angebracht werden können. Dass es so lange gedauert hat, bis Friedhofsordnungen geändert und Gewohnheiten verändert werden konnten, ist eher beschämend, als erfreulich. Im Großen und Ganzen finde ich, dass alle Formen der Bestattungs- und Trauer-Rituale respektiert werden sollten, denn jeder Mensch ist ein Individuum – auch über den Tod hinaus. Das Bestattungsgewerbe hat diesen Trend inzwischen erkannt und bietet immer häufiger sehr auf die Wünsche des Verstorbenen eingehende Begräbnisse und Gedenkfeiern an. Oft sind es aber auch die Angehörigen, die sehr originelle Ideen einbringen, um dem Leben und dem vermuteten Willen des Verstorbenen gerecht zu werden. So wird man sich nach und nach an so manche Überraschungen gewöhnen müssen. Ich hoffe sehr, dass dabei die Grenzen des guten Geschmacks nicht zu sehr überschritten werden – . Ein liebevoll ausgedachtes Ritual, das die Hinterbliebenen noch einmal für kurze Zeit gedanklich und handelnd mit dem Verstorbenen in Kontakt bringt, ist meiner Ansicht nach immer noch besser als eine in allen Teilen vorgefertigte und völlig unpersönliche Trauerhandlung. Wobei ich die auf christlicher Tradition gewachsenen Rituale noch am leichtesten akzeptieren kann, da sie sich im Prinzip darauf berufen, dass es in unserem Leben nur eine Gewissheit gibt, nämlich die Tatsache, dass der Mensch sterblich ist. Aus dieser Gewissheit sind die Gedenktage im November entstanden – noch lange, bevor sie zu willkommenen arbeitsfreien Tagen und Einkaufsevents wurden.

 

 

 

Fotos: Privat

 

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