„Flügelboten
kommt ihr singend
oder schweigend?
Bringt ihr uns
schwebend, heilend,
die zarten Zeichen
von den Toten?“ (von Ute Leser)
Heute, kurz vor Allerheiligen, Allerseelen und anderen Gedenktagen an Verstorbene war mir mal wieder danach, nach einem ganz besonderen Buch zu greifen, das mir Denkanstöße gibt und das mich eintauchen lässt in die Welt hinter den Dingen.
Eine liebe Autorenfreundin und bildende Künstlerin aus Hamburg hat anlässlich einer Ausstellung ihrer Werke einen Bildband herausgegeben, in dem sie die Fotos ihrer Skulpturen mit lyrischen Versen zu den Themen Tod, Sterben, Trauern, Engel und andere geflügelte Wesen versehen und einfühlsam begleitet hat. Das Besondere an den Skulpturen ist, dass sie aus Treibholz vom Elbsandstrand bei Hamburg und aus verrosteten Gegenständen des Alltags, verblühten Früchten oder anderen Erscheinungen der Natur zusammengefügt sind. Es entstanden sehr anrührende und ästhetische Gebilde, die fast immer an „Flügelwesen“ oder Symbole des Werdens und Vergehens und der Zwischenwelt erinnern.
Die Künstlerin selbst fragt sich in einem Gedicht, woher ihre Triebkraft zur bildnerischen und lyrischen Gestaltung kommt. Sie fasst diese Frage in folgende Zeilen:
„Immer, wenn ich sie fand
diese kleinen, fast
unscheinbaren Zeichen der Natur
blieb in mir die große Frage:
Lenkende Hand
oder ungegrenzter Zufall nur?“
Angesichts des harmonischen Zusammenspiels von Form und Sprache denkt der Leser eher an eine „lenkende Hand“, die ja nicht unbedingt von dieser Welt sein muss.
Die Künstlerin, die schon sehr früh mit Tod und Verlust konfrontiert wurde,
suchte insbesondere nach dem frühen Tod ihrer Nichte nach Worten, um die Leere, die Betroffenheit, den Schmerz, die Trauer angemessen auszudrücken und zu verarbeiten. Auf diese Weise entstand ein lyrisches Werk, das über den Tag und die persönliche Situation hinauswirkt und allgemeingültig genannt werden kann. Besonders Fragen, die nach dem unbegreiflichen Tod von Kindern bei den betroffenen Angehörigen und Freunden auftauchen, finden sich in den filigranen Sätzen, die die Skulpturen begleiten.
Von verzweifelter Trauer erzählen die Gedichte, aber auch von Hoffnung und dem Mut zur Bewältigung des Schicksalsschlages. Dass die Sehnsucht nach Sinn dabei auftaucht und die Hoffnung nach „unsichtbaren Schwingen“, die die Last leichter werden lassen, ist nur zu verständlich. Manche nennen diese Schwingen Engel. Engelhafte Wesen sind aus dem Elbsand entstanden und flügelleichte Gedanken – alle zusammengefasst in dem Buch „Himmlische Fantasien oder Himmelszeichen?“.
Die Künstlerin Ute Leser hat diese Dokumentation ihrer Werke zu Gunsten des Vereins Verwaiste Eltern e.V., Hamburg, herausgegeben. Das Buch ist über die Internetseite des Vereins erhältlich oder direkt von der Autorin (Adresse zu erfragen über den Verein Verwaiste Eltern).
Mit einem Gedicht von Ute Leser zum Thema „Engel“ möchte ich dieses jahreszeitlich aktuelle Thema abschließen, wohl wissend, dass es auch ein „zeitloses“ Thema ist:
„Unsichtbar
und doch spürbar,
schweigend
und doch im Dialog –
E n g e l“